Insolvenz bei Selbstständigen
Insolvenz bei Selbstständigen
Als Selbstständiger in der Insolvenz gibt es viele Aspekte zu beachten. Wichtig ist insbesondere, was mit Ihrem Betrieb während der Insolvenz passiert und welche Optionen Ihnen zur Verfügung stehen.
Wann bin ich selbstständig und insolvent?
Wann bin ich selbstständig und insolvent?
Insolvent bedeutet, dass man nicht mehr in der Lage ist, seine Schulden zu tilgen. Auch selbstständig Tätige wie Handwerker, niedergelassene Ärzte oder Geschäftsinhaber können betroffen sein. Die genaue Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Tätigkeit ist entscheidend.
In der Regel ist für Selbstständige das Regelinsolvenzverfahren nach § 304 InsO anzuwenden, wobei je nach individueller Situation Abweichungen möglich sind.
Möglichkeiten für den Betrieb während der Insolvenz
Möglichkeiten für den Betrieb
Es gibt zwei grundlegende Optionen, wie mit dem Betrieb während der Insolvenz verfahren werden kann:
- Betrieb verbleibt in der Insolvenzmasse: Die Insolvenzmasse haftet für die Verbindlichkeiten (§ 55 InsO). Von den Einnahmen wird abzüglich eines festgesetzten Betrages direkt gepfändet. Diese Option ist in der Praxis seltener relevant.
- Betrieb wird freigegeben: Gemäß § 35 Abs. 2 InsO werden alle Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit aus der Insolvenzmasse ausgenommen. Der Schuldner trägt hier selbst Chancen und Risiken, während die Masse nicht mehr für betriebliche Verbindlichkeiten haftet. Der pfändbare Betrag richtet sich nach dem sogenannten fiktiven Arbeitnehmervergleichseinkommen.
Fiktives Arbeitnehmervergleichseinkommen
Fiktives Arbeitnehmervergleichseinkommen
Das fiktive Arbeitnehmervergleichseinkommen bestimmt den Betrag, den ein Arbeitnehmer mit vergleichbarer Qualifikation erzielen würde. Dieser Betrag legt fest, wie viel Einkommen im Insolvenzverfahren gepfändet wird.
Die Grundlage ist ein angemessenes Dienstverhältnis anstelle der selbstständigen Tätigkeit. Der Schuldner muss den Insolvenzverwalter über alle relevanten Umstände informieren (§ 97 Abs. 2 InsO), da individuelle Abweichungen möglich sind.
Fehlerhafte Berechnungen können zur Versagung der Restschuldbefreiung führen (§ 290 InsO). Der Schuldner kann das Einkommen selbst berechnen oder eine gerichtliche Feststellung beantragen.
Selbstständigkeit und Einkünfte trotz Arbeitsmarktbeschränkung
Einkünfte aus Selbstständigkeit trotz fehlender Arbeitsmarktfähigkeit
Wenn ein Schuldner aufgrund Alter oder Krankheit auf dem Arbeitsmarkt keine Einkünfte erzielen könnte, aber aus der selbstständigen Tätigkeit Einkommen erzielt, wird dies zunächst nicht im fiktiven Arbeitnehmervergleich berücksichtigt.
Der Bundesgerichtshof (BGH ZVI 2024, 70) hat entschieden, dass der Schuldner nicht gegen die Erwerbsobliegenheit verstößt, solange er keiner Tätigkeit nachgeht. Sind jedoch Einkünfte vorhanden, müssen die Gläubiger daran beteiligt werden, analog § 850a Nr. 1 ZPO.
Überobligatorische Leistung
Einkünfte aus überobligatorischer Tätigkeit sind gemäß § 850a Nr. 1 ZPO nur zur Hälfte pfändbar, die andere Hälfte bleibt unpfändbar und steht dem Schuldner zu. Diese Regelung motiviert die Schuldner weiterhin, solche Einkünfte zu erzielen.